Studiotagebuch NO SHADOW WITHOUT LIGHT - 2009

Studiotag 8  ◊  Andy
06.12.2010
Welcome back! Wir treffen heute einigermaßen zeitig im Studio ein und beginnen nach einem ?schnellen? Kaffee mit den Demogesängen zum Song ?Melancholy Feeling?. Auch hier muss ich erst einmal ein wenig probieren (wie schon letzten Samstag beim Arrangement). Stilistisch passt es besser wenn ich eher gehauchte Einsätze singe. Darin bin ich nicht so richtig geübt. Aber wer nicht wagt der nicht gewinnt. Am Ende sind wir vom Ergebnis positiv überrascht und überlegen sogar, ob wir den aufgenommenen Gesang nicht für die Endproduktion verwenden. Let?s see.

Als Nächstes ist der Bass an der Reihe. Björn, unser ehemaliger und langjähriger Bassist, leiht uns dafür seinen Fretless Bass aus. Für alle Nichtmusiker: ein Fretless Bass ist ein Bass ohne Bundstäbchen. Hört sich im Ergebnis eher nach einem Kontrabass an. Marcus probiert sich daran. Er hat schon ein paar Ideen und spielt richtig gut. Schließlich ist es das erste Mal dass er einen solchen Bass spielt.

Nach dem Bass spielt Marcus noch eine Akustikgitarre ein. Wir sind am Ende ganz zufrieden mit den Aufnahmen. Natürlich ist man am Abend eines Aufnahmetages nicht mehr ganz objektiv. Deshalb haben wir es uns abgewöhnt eine allzu große Euphorie an den Tag zu legen. Lieber erstmal den ersten Mix abwarten und dann urteilen. Den Mix macht Steve am morgigen Dienstag. Zusammen sind wir erst wieder am Donnerstag im Studio.

Montag, 20.07.2009

Studiotag 7  ◊  Andy
29.11.2010
Nach dem gestrigen Eintrag über Gott und die große weite Welt möchte ich heute lieber wieder aus unserem kleinen übersichtlichen Studio berichten. Wir fingen gestern Abend mit den Demoaufnahmen zu einem neuen Song ?Melancholy Feeling? an. Der Song basiert auf Piano und Gesang. Ich habe den Song früher schon öfter angespielt und vor einigen Monaten in einer damaligen Studiopause sogar aufgenommen. Am gestrigen Abend allerdings wollte sich das Feeling beim Klavier spielen nicht richtig einstellen. Ich war unzufrieden. Mit jedem weiteren Versuch verschlechterte sich das Ergebnis. Ich bat Steve darum, es einmal mit dem Klavier zu probieren. Ich zeigte ihm die Akkorde und er setzte sich dann ans Piano. Sein Anschlag war wesentlich gebundener und passte insgesamt besser zum Gesang.

Heute arbeiten wir weiter an ?Melanchoy Feeling?. Wir sind uns nicht einig über die Dynamik. Der Song ist so geschrieben, dass zu Beginn nur Stimme und Klavier zu hören sind. Die weitere Instrumentierung baut sich allmählich drum herum auf. Soweit sind wir uns auch einig. Die Frage ist nur, ab wann wir anfangen den Song zu steigern und in welcher Intensität. Ich bin eher für das ?ganz große Kino? während Marcus es dezenter möchte. Nach einigem Probieren einigen wir uns auf Marcus? Idee, der von da an das Arrangement leitet. Das läuft bei uns meistens so. Derjenige mit den besseren Argumenten übernimmt die Leitung beim Arrangement. Marcus hat diesbezüglich meist ein gutes Händchen und demzufolge auch gute Argumente. Aber ich gebe mich nicht so leicht geschlagen ;-))

Das Arrangement kostet uns relativ viel Zeit, da wir einen Song mit solchem Aufbau noch nie hatten. Wir sind trotzdem oder gerade deswegen sehr überzeugt. Abends arbeiten wir noch die Gesangslinien aus, die wir am Montag aufnehmen möchten. Danach packen wir unsere sieben Sachen und fahren nach Hause.

Samstag, 18.07.2009

Studiotag 6  ◊  Andy
22.11.2010
Der heutige Tag beginnt mit der Feststellung, dass wir verpennt haben. Da wir aber allesamt eh ziemlich fertig sind, stört uns das nicht so doll. Marcus und Steve hören nach dem Aufstehen die Aufnahmen vom Donnerstag an, während ich zum Bäcker spaziere. Als ich vom Bäcker zurückkehre gibt es Kaffee und wir unterhalten uns dabei über einen Artikel aus einem Spiegel Sonderheft mit dem Titel ?Was wird aus mir? Wir Krisenkinder: Selbstporträt einer Generation?. Im Heft geht es um die Generation, der heute 20?35jährigen deren Lebenswege und Planung durch die Wirtschaftskrise beeinflusst werden. Es geht um die Sehnsucht nach Sicherheit und die Suche nach einem Platz in der undurchschaubaren und chaotischen Welt. Marcus meinte, dass unser Album eigentlich genau diese Themen beinhaltet. Große Teile unsere Songs befinden sich also näher am Zeitgeist als uns das vielleicht bewusst ist. Wir sprechen über die Konzeption des Albums, die uns durch dieses und vergangene Gespräche allmählich greifbarer wird. Songs wie ?In The Midst Of The Crowd? und ?Time Will Fly? stellen eine gute Ausgangsposition für die Arbeit an der Konzeption dar. Im Song ?In The Midst Of The Crowd? geht es um das Individuum, welches zwar sehr viele Kontakte pflegt und sich eigentlich in mitten der Gesellschaft bewegt, sich aber innerlich alleine fühlt. Das ist kein Wunder. Schließlich finden immer weniger aufrichtige Gespräche statt, aus Angst man könnte sich outen oder nicht in den gesellschaftlichen Rahmen passen. Zudem ist die Oberflächlichkeit der ?grauen? Masse auf einem traurigen Höhepunkt angekommen. Es ist wesentlich bequemer sich von irgendwelchen Hau-Drauf-Shows berieseln zu lassen, als den Denkapparat anzuwerfen. Für das wahre Individuum ergibt sich also früher oder später eine Frage: gehe ich in der Masse unter, oder werde ich zum Einzelkämpfer und letztendlich vielleicht zum hoffnungslosen Egomanen? Eigentlich schade. Gibt es vielleicht nicht doch noch eine Möglichkeit dazwischen?

In ?Time Will Fly? geht es unter anderem um die Frage, ob man heutzutage überhaupt noch die Möglichkeit erhält etwas ?Bleibendes? zu schaffen. Damit meine ich jetzt gar nicht unbedingt im künstlerischen Bereich, sondern beispielsweise im humanitären Bereich. Die Nachrichten über gute Taten, große Ideen und menschliches Engagement verlieren sich in der Flut der täglichen Nichtigkeiten welche medial aufgebauscht und verbreitet werden. Letztendlich sterben viele gute Ansätze, da sie nicht mehr die Chance bekommen sich entsprechend zu verbreiten. Und das im Internetzeitalter! Eigentlich ein Widerspruch in sich. Klar hat man heute die Möglichkeit Nachrichten in Windeseile zu verbreiten und einem großen Empfängerkreis zukommen zu lassen. Aber sind die Menschen überhaupt in der Lage wichtig und unwichtig zu filtern? Man könnte hier ins Endlose philosophieren. Es gibt aber auch viele Lichtblicke. Wir haben immer wieder mit sehr jungen Leuten zu tun. Viele davon machen sich doch recht tief greifende Gedanken über die Welt und die darin vorkommenden Probleme. Mit teilweise sehr reifen Standpunkten. Das ist die positive Kehrseite von Komasaufen & Co. Wobei letzteres wahrscheinlich auch häufig auf Perspektivlosigkeit basiert.

Wo wir gerade bei den positiven Seiten angelangt wären. Unser Album wird auch sehr positive Momente haben. Wir haben z.B. Songs wie ?Seize The Day?, das vor Optimismus nur so strotzt. Dann gibt es mit ?The Place Where I Belong? ein Stück über das Suchen und Finden seines Platzes im Leben. Auch die kritischeren Songs enden mit positivem Ausblick. Das liegt uns besonders am Herzen. Wir möchten die Welt auf keinen Fall schön reden. Trotzdem sehen wir der Zukunft positiv entgegen. Wenn sich viele Menschen mit dem Ansatz aufraffen könnten ein positiveres Klima zu schaffen, wäre das ein hoffnungsvoller Anfang.

Ich könnte mich hier noch über mangelnde Tugenden von aalglatten Managern und Politikern auslassen, die hart dafür trainiert haben an jedem Persönlichkeits- und Charakterprofil kunstvoll vorbei zu flutschen. Das erspare ich Euch und mir aber. Schließlich ist das hier ja ein Studiotagebuch und keine ?Lay of the land? Studie ;-))) Außerdem gibt es dafür wesentlich kompetentere Leute.

Freitag, 17.07.2009

Studiotag 5  ◊  Andy
15.11.2010
Nach zweitägiger Abstinenz ist ab heute wieder Studioalltag angesagt. Wir werden jetzt drei Tage am Stück in Mühlacker arbeiten, Übernachtungen inklusive. Somit werden spät abends nach erledigter Arbeit wieder unsere provisorischen Matratzenlager aufgebaut um uns für ein paar Stunden ins Land der Träume zu begeben. Nicht wirklich komfortabel aber effektiv. Je öfter man im Studio übernachtet, desto schneller will man die Albumproduktion abschließen. Da wir ja einen strammen Zeitplan verfolgen läuft also alles zielkonform.

Für heute haben wir uns einen ganz neuen Song vorgenommen. Der Song trägt den Titel ?This Is My Time? und ich habe denselben auf einer Akustikgitarre geschrieben. Im Vorfeld der Produktion habe ich Marcus und Steve den Titel nur einmal kurz angespielt. Um es auf den Punkt zu bringen: wir haben keine Ahnung was uns dabei erwartet. Prompt gibt es nach dem ersten Anspielen des Songs auch unterschiedliche Meinungen bzgl. der Stilistik und Instrumentierung des Songs. Ich möchte einen Dampfhammersong produzieren, wohingegen Marcus eher ein Arrangement in bester Beatlesmanier vorschwebt. Es wird also wild probiert und am Ende sind beide Parteien zufrieden, da man irgendwie etwas zwischen beiden Extremen geschaffen hat. Highlight wird aber ein Part der in der Mitte des Songs durch eine Improvisation entsteht. Wir nennen das Stück den ?The Doors? Part. Er klingt total psychedelisch und wir lassen unserer Kreativität freien Lauf. Wir sind total begeistert. Vor allem, weil wir nie gedacht hätten, dass ein solcher Part sich so gut in den Song einbetten ließe. Das Stück befördert den Song noch einmal in eine neue Dimension. Nachdem wir das Arrangement also bestimmt haben, experimentiert Marcus mit diversen Gitarreneinlagen. Zwischendurch gibt eine Pause in der wir einen kurzen Spaziergang unternehmen und uns auf die Suche nach etwas Nahrhaftem machen. Bei dieser Gelegenheit ergänzen wir auch gleich unsere Biervorräte. Wieder zurück im Studio arbeitet Marcus weiter an seinen Gitarrenparts. Ich schreibe während dessen Tagebuch und Steve nimmt Marcus? wilde Ideen auf.

Textlich betrachtet transportiert ?This Is My Time? eine Punk Attitude, was auch eher untypisch für den bisherigen eleVate Sound ist. Grund für den Text ist die Kategorie von Leuten, die uns in den letzten Jahren immer wieder lauthals erklärten, was für uns richtig wäre und was wir alles falsch machen. Ich dachte oft nur: ?schreib Du nur mal einen einzigen Song und dann können wir gerne weiterreden?. In gewisser Weise geht es um lästige Zeitgenossen, die in ihrem Leben kein Risiko eingehen und sich lieber einen Sport daraus machen, jenen Leuten, die etwas wagen, das Leben unnötig schwer zu machen. Gott sei Dank ist die Anzahl dieser Miesepeter überschaubar und wir haben mit jedem weiteren Jahr unserer Laufbahn immer mehr Menschen kennen gelernt, welche das genaue Gegenteil dieser Kleingeister darstellen. Jene haben uns ermuntert unsere Sache durchzuziehen. Sie haben uns wohlwollend zugesprochen. Natürlich haben sie auch kritisiert, aber auf einer objektiven Basis. Das Wichtigste aber: sie haben nicht versucht ihre Meinung zu diktieren.

Donnerstag, 16.07.2009

Studiotag 4  ◊  Andy
08.11.2010
Um 8.00 Uhr fahren wir wieder auf der A8 Richtung Mühlacker, um bei der ersten Ausfahrt bei Pforzheim festzustellen, dass sich ein langer Stau gebildet hat. Wir nehmen also mehr oder minder geistesgegenwärtig die Ausfahrt um dem Stau zu entgehen. Wie nicht anders zu erwarten nützt diese Aktion nicht so viel wie erhofft. Es stellt sich heraus, dass nicht nur wir diese gewitzte Idee hatten. Also stehen wir auch erstmal in Pforzheim. Nicht nur an den zahlreichen Ampelanlagen. Schließlich kommen wir beim Studio mit etwas Verspätung an. Da wir in der derzeitigen Produktion unseren Zeitplan selbst bestimmen, sind Verspätungen nicht ganz so tragisch. Trotzdem müssen wir aufpassen, nicht allzu weit hinter dem erstellten Zeitplan hinterher zu hinken. Nachdem wir uns die Gesangsspuren vom späten Freitag anhören, entschließe ich mich sofort zu neuen Aufnahmen. Bei den Aufnahmespuren vom Freitag hört man meiner Stimme eine gewisse Ermüdung an, die bei dem Song nicht positiv zu Buche schlägt. Ich weiß heute auch besser, wie ich den Refrain gestalten möchte. Ich benötige schließlich gar nicht so viel Zeit. Nach ein paar Takes klingt der Refrain ganz gut (es handelt sich ja ?nur? um eine Demoversion).
Danach singt Marcus die Backingstimmen ein. Darauf freue ich mich schon, da ich ihm dabei endlich auf den Zahn fühlen kann. Beim Gitarre spielen ist das ja eher umgekehrt. Geschwisterliebe eben! Marcus schlägt sich aber recht wacker und seine Stimmen sind schneller eingesungen als ich dachte. Beim Einsingen entwickelt Marcus gleich noch eine Idee für einen Chor, der zum Songende geisterhaft über dem Gitarrensolo schweben soll. Dazu muss ich wieder ran. Ausgerechnet mein Lieblingsvokal A ist hier gefragt. Also gut. Dann mal ran. Ich singe drei Lagen ein. Eher gehauchte Einsätze, was nicht unbedingt meine Stärke ist. Dazu noch an einem Montag. Aber auch dies läuft verdächtig leicht von der Hand. Höchstwahrscheinlich werden wir den Chor sogar für die Endproduktion verwenden, da es eigentlich nichts daran auszusetzen gibt. So muss es sein ;-))

Nach den Gesangsaufnahmen spielt Marcus dann auch seine Demogitarren ein und experimentiert ein bisschen. Dabei kommen ein paar interessante Ideen zustande. Wir möchten das Ende des Songs etwas psychedelisch gestalten. Mal sehen ob?s funktioniert. Über den Abschluss sind wir uns noch nicht ganz einig. Das Ende der Liveversion ist hier stilistisch nicht ganz das Wahre. Wahrscheinlich faden wir den Schluss aus, sofern der Psychedelic Part funktionieren wird.

Montag, 13.07.2009

<< | 1 | 2 | 3 | 4 | >>